Im Frühjahr 2024 besuchte ich mit meiner Frau die Friedensstätte Osnabrück und Münster. Beide Städte sind Schauplatz der langwierigen, aber am Ende erfolgreichen Friedensverhandlungen am Ende des 30-jährigen Krieges zwischen Katholiken und Protestanten. Beide Städte zeichnen sich auch durch die einstige Errichtung von Dom-Kathedralen aus – den St.-Paulus-Dom in Münster und dem St. Peters-Dom in Osnabrück, die aus Machtzentralen der Karolinger Zeit hervorgingen. Der Dom von Münster ist sicherlich der bekanntere von beiden. In beiden Städten befindet sich auch ein Schloss, welches im Krieg weitestgehend unversehrt geblieben und aktuell an die städtischen Universitäten angegliedert ist. Sehr schön sind auch die botanischen Gärten in beiden Städten. Besucht hatten wir den Garten in Münster, der unmittelbar am Schlosspark angrenzt. Während der hiesige Schachtelhalm ein Sumpfkraut von bescheidener Größe darstellt, konnten im Karbon riesige Schachtelhalm-Exemplare von über 20 m Höhe entstehen. Der Piesberg von Osnabrück hat dank tektonischer Aktivitäten die Kohle-führenden Schichten des oberen Karbon (Westfal) an die Oberfläche gebracht. Der Abstecher in die „Tiefenzeit“ am Piesberg gab uns einen Einblick in das ehemalige riesige Sumpfgebiet des karbonischen Westfalium, welches das ehemalige Schelfmeer von Ost-Avelonia bedeckte. Der Betreiber des Steinbruches am Piesberg, welcher sich vorrangig für die Sandsteine interessiert, verfrachtet die Fossilien-führenden Schiefer freundlicherweise auf einem „Sammelplatz“ in der Nähe eines Aussichtsturmes. Die Schiefer sind reichhaltig an Farnen und Samenfarnen – Pecopteris, Neuropteris, Reticulopteris, Mariopteris, Makroneuropteris scheuchzeri, Cyclopteris, Alethopteris – sowie Schachtelhalmen (Calamites, Spenophyllum). Im unteren Foto sind die drei erstgenannten Farne bzw. Samenfarne sowie Sphenophyllum zu sehen.
Neben den vielen pflanzlichen
Fossilien, die sich dank der mineralischen Zusammensetzung farbig meistens sehr
schön vom dunklen Schiefer abheben, kommen auch tierische Fossilien vor – z.B.
in Form von Flügelresten, die aber gern übersehen werden. 60% der Vorkommen
sind Schaben. Seltener sind Urnetzflügler, Grashüpfer-Vorfahren und
Ur-Libellen.
Im Frühsommer reisten wir durch Dänemark. Ein besonderes Ziel war der
Stevn´s Klint. Dieser ist berühmt durch eine Schichtgrenze – dem
Iridium-reichen Fischton, der die Kreidezeit vom &Tertiär trennt. Die dünne
Tonschicht ist am Felsen kaum erkennbar. Am Fels unterscheiden sich aber
immerhin die eher weichen Kreide-Kalke von den harten Bryozoen-Kalkbänken des
Danien, welche das Tertiär einleiten. Der Strand an dieser Felsenküste ist
bereits gut abgesucht, so dass das Auffinden bemerkenswerter Fossilien eher
schwierig ist. Als Belegstück habe ich einen Kalkschwamm aus der Kreidezeit
sowie einen Stiel einer Seelilie im Bryozoenkalk des untersten Tertiärs mitgenommen.
In Roedwig südlich des Steven´s Klint gibt es ein wunderbares Museum, in
welchem die Geschichte des Asteroideneinschlages am Ende der Kreidezeit gut
dargestellt ist. An einem Felsstück kann man die berühmte Grenzschicht aus
Fischton bewundern. Auch hier ist der Strand gut abgesammelt. Ein Stück weiter
im Süden ist hinter dem Hafen zur Abwechslung mal ein Sandstrand. Von Roedwig
aus sieht man die Insel Moen. Die Insel Moen hat einen berühmten Kreidefelsen –
den Moens Klint. Wir besuchten ihn bei leicht wechselhaftem Wetter. Da Kreide
ansteht, sind besonders Kreide-Fossilien zu finden. Belemniten-Rostren liegen zuhauf
am Strand. Neben Belemniten-Rostren sind im weichen Kreidekalk
Seelinien-Stengel zu finden, darüber hinaus manchmal auch Muscheln und
Brachiopoden. Oft zeigen sich Seegurken-Kalkschwämme. Ebenfalls nicht allzu
selten sind die Austern-artigen Grypheen. Aus dem Internet konnte ich aber
durchaus sehr interessante paläozoische Fossilien vom Moens Klint entdecken,
vor Ort sind diese aber relativ spärlich. Natürlich sind am Moens Klingt auch
viele Seeigel zu erwarten, die regelmäßig von den Besuchern der Insel
abgesammelt werden.
Zwischen Moens Klint und Stevn´s Klint liegt Faxe. Dieser Ort ist nicht nur
durch sein Bier berühmt, sondern besonders durch den Abbau von „Faxe-Kalk“.
Dabei handelt es sich um ein Korallenriff, welches nach dem Asteroideneinschlag
zu Beginn des Tertiärs vor dem skandinavischen Festland entstanden ist. Die
blauen Seen zwischen den weißen Felsen bilden eine wunderbare Kulisse. Wir
nutzten eine 3-stündige Sonnenphase, um den Faxe-Steinbruch zu besuchen. Der
Weg in den Kalkbruch war jedoch nicht unbeschwerlich, der Untergrund bestand
aus aufgeweichtem Kalk-Matsch. In einem ehemaligen Korallen-Riff findet man
natürlich am häufigsten Korallen. Typische Vertreter sind die Kandelaberkoralle
Dendrophyllia sowie Smilotrochus faxönensis – eine Hexakoralle. Ein bisschen
seltener sind Krebse bzw. Krabben. Mit etwas Ausdauer sind jedoch gut erhaltene
Krabbenfossilien von Dromyopis rugosa zu finden. Ich hatte das Glück, drei
Krabben zu finden. Neben Korallen und Krabben sind vereinzelt auch Muscheln,
Schnecken und kleine Brachiopoden zu finden. Berühmt ist der Kalkbruch durch
Nautiliden-Funde, die jedoch sehr selten sind. Manchmal sind auch Haizähne in
weichen Mergeln zu finden. Für zwei Stunden Suche kann ich jedoch mit meiner
Ausbeute ganz zufrieden sein. Im Museum von Faxe sind die Fundmöglichkeiten
sehr schön aufbereitet. Sie sind auch im Internet dokumentiert und helfen sehr
gut bei der Fossilienbestimmung.
Auf Zeeland sind nicht nur Tertiär-Fossilien aus dem Paläozän (insbesondere
dem Danien) zu finden, wenngleich jüngere Tertiär-Sedimente nicht fest
anstehend sind. An unserem Ferienort in Stroeby sind neben vielen Kreide-Kalken
an der Steinküste auch mit etwas Glück paläozoische Fossilien oder Tertiär-Fossilien
aus dem Eozän bis Miozän zu finden. Das Paläozoikum präsentiert sich vor allem
durch silurische Beyrichienkalke. Überraschenderweise konnte ich eine
Favousites-Koralle bergen, die mit denen auf Gotland vergleichbar ist. Das
Eozän wird überwiegend von Moler-Gesteinen repräsentiert. Zwischen
Tuffit-Schichten zeigen sich vereinzelt Zementsteine, die selten Fossilien
enthalten. Ich fand in einem solchen Zementstein eine kleine Muschel –
vermutlich Nuculana. Das Oligozän zeigt sich meist durch braune Siderite, die
auf Septarien-Tone folgen. Die Grenze zum Miozän ist sehr unscharf. Die
Konglomerate und relativ grobkörnigen Sandsteine mit Muschel- und
Gastropoden-Resten (Abra bosqueti und Turitella?) würde ich als spätes Oligozän
interpretieren. Es bestehen Ähnlichkeiten zum „Hiltfelder Gestein“, welches aus
Holstein beschrieben ist. Die Konglomerate sprechen von einem hochenergetischen
Einfluss – fluviatil oder durch Gezeiten. Im unteren Miozän kam es zu einer
Transgression, die im Raum Holstein das „Holsteiner Gestein“ mit Muschel-Schill
und Gastropoden hinterlassen hat. In Dänemark spricht man von der
Klintinghoved-Formation, die eigentlich mehr in Jütland bekannt ist. Die
Gesteinsmatrix ist teilweise feinsandig mit Glimmer-Schüppchen, teilweise auch
siltig ausgeprägt. Die Muscheln bestehen überwiegend aus Cyprina islandica und
Panopea. Die große braune Schnecke ist vermutlich eine Natica-artige Polinices
Bei den sehr kleinen Schnecken schwanke ich zwischen Drepanocheilus und Fusus.
Etwas unscheinbar zeigt sich noch eine Ruderschnecke Vaginella.
Im mittleren Miozän zog sich das Meer langsam zurück. Aus dieser Zeit sind
aus Dänemark verkieselte Holzreste beschrieben, die zum Teil von
Teredo-Bohrmuscheln durchbohrt wurden. An den Bohrwandungen wird häufig Calcit
abgelagert. Bei dem Bild unten handelt es sich wahrscheinlich um ein
Teredo-Fossil in verkieseltem Holz aus dem mittleren Miozän.
Im
September reisten wir mit einem Caravan nach Toulouse, um unseren Sohn Wieland
zu besuchen. Der 20. September wurde als Exkursionstag genutzt, um das Grand
Causses sowie die südlichsten Ausläufer des Massiv central – Montagne noires –
näher kennenzulernen. Der regionale Naturpark Grand Causses wird von marinen
Sedimenten aus dem Jura geprägt. Bei Millau fräst sich die Tarn tief in die
Jura-Schichten. Die steilen Kalk-Felsen werden überwiegend von meist
dolomitischen Kalken des mittleren Jura (Dogger) aufgebaut. Die Hochebene von
Larzac besteht teilweise auch aus Kalken des oberen Jura (Malm). Die Schichten
des unteren Jura (Lias) werden im oberen Teil von relativ weichen tonigen
Mergel-Schichten des Toarc gebildet. Lediglich die untersten Schichten des
Doggers (unteres Aalen) bestehen ebenfalls aus weichen Opalinus-Tonen von
geringer Mächtigkeit. Erst im unteren Pliensbach (Carixian) werden von der Tarn
bei Millau wieder festere Kalke angeschnitten.
Der
erste Punkt unserer Tour lag in den Lias-Mergeln am Übergang zu den
Doggerschichten – nordwestlich von Les Siéges. Aufgeschlossen waren an der
Basis Kalk-Lagen des unteren Toarc, der Hauptteil wurde von tonig-blättrigen
Mergeln des oberen Toarc gebildet. Der Übergang in die unteren Opalinus-Ton-Schichten
des Aalen (unterster Dogger) verläuft eher unscheinbar und wird nur durch den
Fossilinhalt sowie den darüber beginnenden festen Dolomiten des Doggers
erkennbar. Die besten Fossilifunde waren an einer aufsteigenden Rippe dieser
Mergellandschaft möglich. Die Highlights der Funde sind nachfolgend zu sehen.
Die
Lias-Mergel sind – wie im Foto zu sehen - überwiegend von Ammoniten geprägt,
die speziell von verschiedenen „Sichelrippern“ gestellt werden. Größere Stücke
– meist fragmentarisch – waren auf der Oberfläche der Gelände-Rippe zu finden.
Kleinere Exemplare befanden sich vorrangig in den Erosionsrinnen. Neben
Ammoniten waren Belemniten-Rostren, Schnecken, Muscheln und Brachiopoden als
Begleitfauna vorhanden. Das rundliche Gebilde links ist offenbar ein kleiner
Seeigel (Acrosalenia). Hervorzuheben ist das längliche Gebilde unten – hier
handelt es sich offenbar um einen Zahnknochen eines Ichthyosaurus.
Die Kalk- und Mergel-Schichten des Jura sind weiter im Osten durch Kreide-Kalke bedeckt. Meist lagern diese Schichten auf Granit-Grundgebirge des Karbon, vereinzelt auch auf Perm-Schichten oder Trias-Substraten. In ehemaligen Senken bzw. Rinnen wurden Sande und Kiese in der Trias sowie Beckenschluffe im Perm abgelagert. Die Permischen Beckenschluffe sind Bereiche, die manchmal überflutet wurden, um anschließend trocken zu fallen. Eines der bedeutensten Permbecken in Frankreich ist das Basin de Lodève. In diesem Becken wurde künstlich der Stausee Lac du Salagou errichtet – unser nächstes Ziel der Exkursion. Auf den roten Perm-Schichten konnte man unterwegs viele „Kunstwerke“ und Schriften bewundern, die aus helleren Zwischenschichten geklaubt wurden. Vereinzelt wurden auf Schichtflächen Spuren von Amphibien oder Kleinreptilien gefunden. Nicht selten sind auch fossile Regentropfen oder Trockenrisse. Selten sind jedoch echte Fossilien. Ich fand einen Stromatolithen – der kalkhaltige Rückstand der Aktivität von Cyanobakterien. Diese lebten offenbar auch im Perm bevorzugt in Flachwasserbereichen unter relativ extremen Bedingungen.
Nach dem Lac du Salagou ging es also weiter noch ein Stück in südliche Richtung, bis wir die kleine Stadt Cabrieres erreichten. Angeregt durch veröffentliche Funde von den Hobby-Paläontologen Eric Monceret und Sylvie Monceret-Goujon wollte ich gern die Biote de Cabrieres aus dem unteren Ordovizium kennenlernen und mit viel Glück vielleicht auch ein Fossil finden. Bekannt geworden ist der Fundort durch eine einzigartige Fauna, die während der Ordovizischen Eiszeit unter einer polaren Eisdecke im Meer vegetierte. Soweit zur Theorie. Was ich am Straßenrand aber vorfand, waren stark deformierte dunkle Kalkbänke, die mit phyllitischen, mit Quarzadern durchsetzten, Schiefern wechsellagerten. Beim besten Willen konnte ich darin kein Ordovizium erkennen. Von Kalkbänken kann in dieser Polarregion im Ordovizium nicht ausgegangen werden. War ich etwa schon in devonische oder gar karbonische Schichten eingetaucht? Fossilien waren in diesen Schichten jedoch kaum zu finden. Schließlich nahm ich ein kleines Schiefer-Belegstück mit, welches dem Anschein nach fossile Algen enthielt. Zu Hause angekommen, musste ich jedoch die Annahme revidieren, fossile Algen gefunden zu haben. Besonders das längliche gekrümmte Fossil deutet auf eine Monograptus-Art hin, die Rastrites – einem Leitfossil des unteren Silurs – ähnlich ist.
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