Der
Fossilien-Bericht von 2024 endete mit einer Tour nach Südfrankreich, der unter
Anderem Fossilien aus dem Grand Causes im Übergang vom Unteren Jura (Toarc) zum
mittleren Jura (Aalen) gewidmet war. Das Jahr 2025 setzte stratigraphisch die
erdgeschichtliche Tour durch den Jura fort. Das Bajoc macht sich in Frankreich
im Anstehenden etwas rar, dafür bot die Fränkische Oberpfalz einen schönen
Frühlings-Kurztrip. Nach Besuch eines Freundes in Augsburg und etwas Kultur und
Geschichte in Ulm, Passau und Regensburg machten wir auf dem heimatlichen
Rückweg Halt in Edelsfeld. Tatsächlich kann man von einem „edlen Feld“
sprechen, wenn man die Fundmöglichkeiten von schönen Fossilien aus dem Bajoc
(mittlerer Jura) berücksichtigt. Mein Dank gilt hier an einer Veröffentlichung
in den „Steinkern-Heften“, die diese Fundmöglichkeiten als interessante Alternative
zu den Steinbrüchen in Sengenthal beschrieb. Durch Ackerbau sind ein paar Beschädigungen in
Kauf zu nehmen, dafür sorgt der Ackerbau aber gleichzeitig um stetiges Freilegen
neuer Fossilien. Sehr häufig liegen auf dem Acker Reste von Belemniten-Rostren –
insbesondere von Megateuthis, ein sehr typisches Fossil des Bajoc. Neben
Muscheln (Gresslya, Pleuromya, Actinostreon und Ctenostreon) sowie Brachiopoden
(Loboidothyris, Giganthothyris) stehen vor allem Ammoniten im Fokus. Links
unten sind zunächst drei kleine Stephanoceras-Exemplare zu sehen – gefolgt von
einem Sphaeroceras und Leptosphinctes. Breitkremplig macht ein Teloceras auf
sich aufmerksam. Das größere Exemplar links oben ist eine Parcinsonia acris.
Die Suche auf dem Acker hat etwa
eine halbe Stunde gedauert. Das Frühjahr bietet sich als Zeitpunkt zur
Fossilien-Lese immer gut an, da zwischen den Pflanzreihen noch ausreichend
Platz zum Laufen besteht und die Erde relativ frisch aufgewühlt ist.
Für die weiteren jurassischen
Zeiträume ab Bathow bietet Frankreich wieder sehr gute Voraussetzungen. Der
Ende Dezember 2023 verstorbene Sammler und Reiseleiter Andreas E. Richter stand
hier als Anregender Pate – ähnlich wie bereits für die Grand Causses im
vergangenen Jahr. Die Reise ging in die Region Calvados in der Normandie. Die
Basis-Station hatte ich hierbei im malerischen Örtchen Étretat an der berühmten
Kreide-zeitlichen Alabasterküste, die in zahlreichen Gemälden – u.A. von Claude
Monet – dargestellt wurde. Eines der Gemälde inspirierte mich etwa zwei Jahre
zuvor, unbedingt eine Reise in die Normandie zu unternehmen.
Von Étretat aus ist es nur ein
kleiner Sprung in die Region Calvados, man muss nur die Pont Normandie bei le
Havre – die größte Schrägseilbrücke Europas – überwinden. Durchquert man die
Stadt Caen, die vor allem durch „Wilhelm den Eroberer“ eine besondere
historische Bedeutung hat, gelangt man zum Sword-Beach, an dem am D-Day am
06.06.1944 britische Luftlandetruppen und eine französische
Marine-Infanterie-Division ihren Beitrag zur Befreiung Frankreichs von den
Nazis leisteten. Wir parkten unmittelbar an einem alten Panzer der Britischen
Armee und machten uns auf den Weg zu einer kleinen Steilküste, die zwischen
Lion sur Mer und Luc sur Mer die Küstenlandschaft prägt.
Dieser Küstenabschnitt wird von
Kalksandsteinen (Kalkarenit) des Bathow – mittlerer Jura – geprägt. Im
Sohlbereich der „Calcaire-de-Langrune-Formation“ dominieren Schwamm- und
Bryozoenriffe. Im Zuge von Gezeiten-Einwirkungen und damit verbundenen starken
Strömungen wurden viele Brachiopoden, zum Teil auch Seeigel und Muscheln in die
Riffe hineingespült, die ich gern aufsuchen wollte. Die aktuellen Gezeiten
haben im Felsgestein kleine Tavernen hinterlassen. Regelmäßig werden durch die
Flut Sedimente aus dem Fels ausgespült und aufgearbeitet. Dadurch werden viele
Brachiopoden vollständig herausgelöst und bei Ebbe am Strand besonders zwischen
Steinen abgelagert – zu sehen sind in meinem Sammelsurium Rhynchionellen, Digthyothyris,
Cererithyris und Digonella. Vereinzelt sind auch kleine Seeigel zu finden.
Ein Stück weiter nach Norden gelangt
man zur Falaise des Vaches-Noire (Klippen der schwarzen Kühe), die
geologisch-paläontologisch ein sehr bedeutendes Geotop darstellen. Sie
beherbergen Schichten des Callov (mittlerer Jura) und Oxford (oberer Jura),
über die das Kreide-Meer transgredierte. Die Fundmöglichkeiten werden sehr
stark durch Hangrutsche und Gezeiten beeinflusst. Wir näherten und der Falaise
des Vaches-Noire von Houlgate aus, wo wir uns mit einer Galette zuvor stärkten.
Unsere „Basisstation“ lag auf einem breiten Sandstrand vor dem Casino von
Houlgate. Langsam setzte die Ebbe ein. Trotzdem musste ich ein Stück durch
Wasser waten, um überhaupt an die Steilküste zu gelangen. Die Flut hatte
freundlicherweise die Schlamm- und Geröllmassen am Fuße der Steilküste
weggeräumt, so dass auch die Tonmergel-Schichten der Marnes de Dives aus dem
Callov zum Teil frei lagen. Tonmergel-Schichten der Marnes de Villers aus dem
Oxford sind zum Teil hineingerutscht, auch einzelne Blöcke und Gerölle aus
höheren Formationen wurden eingespült. Das Auseinanderhalten der einzelnen
Formationen war bei dem „Durcheinander“ etwas schwierig.
In den nachfolgenden Fotos ist
eine kleine Übersicht zur Ausbeute zu sehen, wobei die zeitliche Zuordnung der
Muscheln (insbesondere Gryphaea dileata) teilweise unsicher ist. Die Ammoniten
sind Leitfossilien des Callov, zu sehen sind Peltoceras, Quenstedtoceras, Hecticoceras
und Kosmoceras. Die kleinen grauen Aulacothyris-Brachiopoden wurden aus den
Marne de Dives beschrieben, ebenso die Schnecke Oolitica meriani. Eine Rarität
stellt der platte Haizahn von Asteracanthus links unten dar.
Wichtigster Leitammonit aus dem Oxford ist Cardioceras . Das Exemplar links unten stammt aus dem Marne de Villers. Die Tonmergel sprechen für etwas tieferes Wasser, welches vom Nordmeer gespeist wurde. Interessant ist auch der Seelilienstengel aus den obersten Oxford-Schichten, welcher eine zunehmende Erwärmung des Meereswassers in einer Flachwasserfazies widerspiegelt. Besonders häufig kommen Austern der Gattung Lopha vor – die etwas kleineren Lopha gregeria aus einer Kalk-Schicht und die größere Lopha marschii aus der Oolithenzone. Die Muschel Isognomon stammt aus den Marn de Villers. Auf einer Isognomon sitzt eine kleine Pholodomya-Muschel. Die große Muschel – Pholodomya – stammt zusammen mit Myophorella hudlestonia (links daneben) aus der Oolithen-Zone (Flachwasserbereich). Die kleinen Pleuromya-Muscheln sind den Marne de Villers (Tiefwasser-Fazies) zuzuordnen.