Samstag, 1. Oktober 2022

2022

 

Pterygota – ein Seeskorpion aus dem Silur von Gotland

Im Visby-Mergel am Strand von Kneippbyn unterhalb des Högklint-Massivs von Gotland an der Grenze zwischen unterem und mittlerem Silur kam ein fossiler Abdruck eines Seeskorpions (Pterygota, Eurypterida) zum Vorschein.





In älterer Literatur wird bei Visby eine „Pterygoten-Schicht“ von wenigen dm Mächtigkeit erwähnt (siehe G. Lindström, Stockholm 1888, Über die Schichtenfolge des Silur auf Insel Gotland, S. 159). Aus diesem Grund neige ich dazu, diesen Abdruck eines Eurypteriden (Seeskorpion) der Gattung Pterygota zuzuordnen. Zu erkennen ist der Rückenabdruck eines Oberkörpers (Thorax) mit 7 Tergiten-Segmenten. Die „Panzerung“ zeigt sich stark sulfidisch, was durch tierisches Eiweiß hervorgerufen sein könnte. Andererseits sollen Sulfide besonders im Grenzbereich zwischen oberen und unteren Visby-Mergel gehäuft auftreten. Unten ist ein Teil des Kopfes erkennbar, mit viel Phantasie kann man sich dort 2 Augen vorstellen. Rechts unten am Kopfende ist sehr deutlich ein „Schwimmast“ (Exopodit) zu erkennen. Unmittelbar darunter zeigt sich eine Chelicere bzw. ein "Schreitast" (Telepodit). Kleinere Bruchstücke (zum Teil Krallen-artig) sind zahlreich zu finden, jedoch meist schwer zu identifizieren. Die ursprüngliche Länge des Pterygoten wird auf ca. 12 cm geschätzt, was für frühsilurische Exemplare durchaus wahrscheinlich ist.

Neben Pterygota sind auf dem Gestein Bryozoen zu erkennen (insbesondere Fenestrella) sowie Brachiopoden-Schill (vermutlich Rhynchionellen). Zwischen einer länglichen Bryozoe und einer Brachiopode oben links ist ein kleiner Conodont versteckt. Auf der Rückseite des Gesteins hat sich eine Schnecke verewigt.

Im Muldemergel von Sandhamn auf Gotland (mittleres Silur) kam mir neben schönen Trilobiten-Köpfen und Schwänzen, Korallen und Brachiopoden ein sehr merkwürdiges Gebilde in die Hände.

 

Mangels Alternativen interpretiere ich dies als Schwanzstück einer Pterygota. Diese ist als flaches Paddel-Ruder mit mittigem Kiel beschrieben. Der mittige Kiel ist sichtbar. Zum Schwanzstück gehört ein Zwischenglied, welches gut zum Fundstück aus Gotland passt. Im Internet ist die Spezies Acutiramus beschrieben, die ab Spät-Silur bis in das untere Devon lebte. Es könnte sich demzufolge um eine Übergangs-Spezies handeln.

Mehr Informationen zur Gotland-Exkursion 2022 können dem Steinkernforum entnommen werden.